Ehrenkompanie Alpenkonferenz 2019
Ehrenkompanie Alpenkonferenz 2019
Zwar gibt es die Schützenkompanie Inzing in ihrer heutigen Form „erst“ seit 1898, doch reichen die Anfänge, mit der Erwähnung des Inzinger Meisterschützen Steffan Müller, zumindest bis ins Jahr 1569 zurück.
Als Geburtsstunde des Tiroler Schützenwesens gilt gemeinhin das von Kaiser Maximilian I. im Jahre 1511 erlassene „Landlibell“. Im Landlibell verpflichtete sich der Kaiser, ohne Zustimmung der Stände (Adel, Bürger und Bauern) keinen Krieg zu führen. Er gab den Tirolern außerdem das Recht des freien Waffentragens und entband sie von der Verpflichtung, außerhalb des Landes Kriegsdienst zu leisten. Dafür mussten sich die Tiroler allerdings verpflichten, im Angriffsfalle alle wehrfähigen Männer zu den Waffen zu rufen, um das Land selbst zu verteidigen.
So entstand allmählich das Schützenwesen mit seinen Schieß- und Scheibenständen und später aus diesen Schützengesellschaften um 1600 die Stand- und Schützenkompanien.
Die Bestimmungen des Landlibells blieben 300 Jahre lang maßgebend und erlangten große Bedeutung in den Kriegsjahren 1703 (Bayrischer Rummel), 1797 und vor allem 1809. Den letzten großen Beweis der Wehrbereitschaft lieferten die Tiroler Standschützen 1915, als sie an die Südgrenze Tirols eilten und dort unter schwersten Bedingungen in Fels und Eis die Heimat verteidigten. Die Inzinger Schützen unter Hauptmann Josef Wanner und Standschützenhauptmann Josef Lederle („Schweizer Seppl“) standen dabei im Judikariental im Trentino im Einsatz.
In Inzing hat lt. Protokollbüchern jedenfalls schon um 1799 eine Schützenkompanie bestanden. Über deren Gründungsjahr ist zwar nichts bekannt, es wird aber vermutet, dass ihr Bestehen schon auf die Zeit des „Bayrischen Rummel“ im Jahr 1703 zurückreichen dürfte, als Bayern und Franzosen gemeinsam in Tirol einfielen, aber vom Tiroler Landsturm aus dem Land gejagt wurden.
In den Tiroler Freiheitskämpfen 1809 erbeuteten die Inzinger Schützen nicht nur eine französische Legionsfahne (siehe eigenen Beitrag dazu), sondern auch einen frisch geladenen französischen Pulverwagen. Zugesprochen wird diese Tat den Schützen Josef Mair und Andrä Haider, Schauplatz war die Sachsenklemme bei Mittewald (Südtirol).
Die Inzinger Schützen brachten auch eine Reihe verdienstvoller Männer aus ihren Reihen hervor: Alois Gasser, im Jahr 1859 „Lieutenant“ in Inzing, machte den Feldzug gegen Italien mit und wurde dafür als großer Patriot 1885 zum Hauptmann der damals 40 Mann starken Inzinger Schützengilde gewählt. Heinrich Markt („Stollhofer“, 1856 – 1919) vom Gasthof Traube bewährte sich u. a. als Oberschützenmeister der Inzinger Gilde und wurde folglich mit zahlreichen Auszeichnungen bedacht.
Im Jahr 1898 wurde die Inzinger Schützengilde von der neugegründeten Schützenkompanie abgelöst, deren erster Hauptmann Josef Wanner (1860 – 1926), Wirt vom Gasthof Lamm, war.
Aus der jüngeren Vergangenheit ist vor allem der Inzinger Alt-Bürgermeister und Ehrenbürger Kurt Schletterer zu erwähnen, der von 1972 bis 1994 dem Bataillon Hörtenberg als Kommandant vorstand und von 1990 bis 1996 sogar als Viertel-Kommandant das Schützenviertel Tirol Mitte befehligte.
Seit 2022 stellt Inzing mit seinem Hauptmann Andreas Haslwanter wieder den Bataillonskommandanten.
Ein zentrales Symbol der Schützenkompanie Inzing ist die im Jahr 1809, und zwar genau am 13. April, von Fähnrich Johannes Adler erbeutete Legionsfahne des 2. Infanterie-Linienregiments der unter dem Kommando von General Lefebvre eingesetzten französischen Truppen. Sie ist die einzige aus den Freiheitskämpfen von 1809 erhaltene französische Fahne, die auch heute noch in Tiroler Besitz ist. Alle anderen Standarten der Linien-Infanterie-Regimenter sind heute im musée de l’armée in Paris ausgestellt.
Im Kampfgetümmel auf dem Gebiet der „Gallwiese“ (bei Mentlberg, ungefähr beim heutigen WIFI), so wird berichtet, sah sich Johannes Adler plötzlich einem französischen Fähnrich gegenüber, der die Regimentsfahne zum Gegenangriff schwenkte. Adler riss das Gewehr an die Wange und schoss dem Franzosen in den Oberarm. Dann sprang er mit einem Satz zum Verwundeten, schlug ihm mit dem Gewehrkolben nieder und entriss ihm die Fahne.
Im „Inzinger Schützenlied“ aus den 60er-Jahren des 19. Jahrhunderts, als dessen Verfasser ein B. Schretter angegeben wird, wird die Heldentat Adlers in patriotischer Weise besungen.
Als die Franzosen nach dem 2. Weltkrieg erfuhren, dass die Inzinger im Besitz einer Legionsfahne seien, starteten sie mehrere Suchaktionen, die aber allesamt vergeblich waren.
Die Standarte wurde von den Inzinger Schützen fast 160 Jahre zu verschiedenen Anlässen mitgetragen. Durch ihr hohes Alter wurde sie 1971 zur fachgerechten Aufbewahrung und Ausstellung als Leihgabe an das landesgeschichtliche Museum Zeughaus in Innsbruck gebracht.
Im Jahr 2003 wurde mit Unterstützung der Gemeinde Inzing und dem Land Tirol ein Duplikat der Standarte angefertigt, das heute zu bestimmten Anlässen mitgetragen wird.
Neben der französischen Legionsfahne, der ältesten und wertvollsten, ist die Schützenkompanie Inzing in Besitz von vier weiteren Fahnen.
So existiert eine grüne Fahne aus dem Jahr 1852, die in ihrem Aussehen der heutigen grünen Fahne ähnelt, jedoch wegen Altersschwäche und Zerfallserscheinungen nicht mehr ausgetragen wird.
Als 1898 nach dem Auflassen der Schützengilde die neugegründete Schützenkompanie die Tradition des Schützenwesens fortsetzte, wurde ein Jahr später die rote Schützenfahne gestiftet, deren Fahnenpatin Gräfin Rosa von Schaffgotsch, Gattin des damaligen k. u. k. Bezirkshauptmannes von Innsbruck, war. Das Fahnenblatt ist mit einer besonders schönen Darstellung des Herzen Jesu bestickt. Im Jahr 1988 wurde diese geschichtsträchtige Fahne von Henriette Gollner einer gelungenen Restaurierung unterzogen. Im Jahr 2008 wurde ein Duplikat dieser Fahne angefertigt. Die Originalfahne ist im Schützenheim in einer Vitrine ausgestellt.
Paul Draxl („Simls Paul“) und dessen Gattin Maria, die gleichzeitig auch Fahnenpatin war, stifteten im Jahre 1922 die neue grüne Schützenfahne, die auf einer Seite das Bildnis der Muttergottes, auf der anderen Seite den Habsburger Doppeladler trägt. Diese Fahne wurde 2019 restauriert.
Nach dem Ersten Weltkrieg wurden die Schützen von der bereits im Landlibell begründeten Verpflichtung, Heimat und Freiheit zu verteidigen, entbunden und diese Aufgabe dem Bundesheer übertragen.
Bis vor dem Zweiten Weltkrieg waren die Tiroler Schützenkompanien Großteils mit den berühmten österreichischen Werndl-Gewehren ausgerüstet. Diese mussten allerdings nach 1945 an die amerikanische Besatzungsmacht abgeliefert werden und wurden von diesen zerstört.
Das anfängliche Misstrauen der späteren französischen Besatzungsmacht machte vorerst eine Wiederbewaffnung der Schützenkompanien unmöglich. In General Bethouart fanden die Schützen jedoch allmählich einen guten Freund, der es besser fand, ihnen die Gewehre wieder zu geben. So wurde die Inzinger Schützenkompanie mit den heute noch gebräuchlichen Gewehren aus der Schweiz neu ausgerüstet.
Offiziere tragen den österreichischen Säbel, an ihm wird (je nach Rang) ein goldenes oder gelbes Portepee befestigt.
Seit 1992 besitzt die Kompanie auch eine Böllerkanone. Früher wurden an Festtagen wie Fronleichnam, dem Herz-Jesu-Sonntag und am Rosenkranzsonntag noch richtige Böller abgefeuert. Wegen der großen Verletzungs- und Verbrennungsgefahr wurde das sogenannte „Böllern“ aber gesetzlich verboten. Heute wird an diesen Festtagen um sechs Uhr morgens mit unserer Böllerkanone, in Abstimmung mit dem Läuten der Kirchenglocken, der Festtag willkommen geheißen.
Die Waffen der Schützen sind so umgebaut, dass mit keiner „scharfen“ Munition geschossen werden kann. Das Tragen von Waffen gilt als historisches Zeugnis für den jahrhundertelangen Abwehrkampf der Tiroler zum Schutz ihrer Heimat.
Wie der Chronik der Musikkapelle Inzing zu entnehmen ist, spendete der Kronenwirt, Landtagsabgeordneter Josef Klotz, den Musikanten und Schützen die Nationaltracht. Als sie damit beim zweiten Bundesschießen im Jahr 1885 in Anwesenheit von Kaiser Franz Josef aufmarschierten, erregten sie damit großes Aufsehen.
Es kam aber zum Streit zwischen Klotz und der Musikkapelle. Die Musik gab daraufhin die Tracht zurück und Klotz schenkte sie den Matreier Musikanten. Bald darauf nähte der Schneidermeister Lambert Gruber mit zwei Gesellen eine neue Tracht.
Die Nationaltracht gleicht in Schnitt, Form und Farbe der Sarntaler Tracht und wurde nach Plänen der beiden Inzinger Künstler Prof. Edmund Klotz und Prof. Schretter ausgeführt. Sie besteht aus einem gelben breitkrempigen Hut mit einem breiten, grasgrünen, über den Rand herabhängenden Seidenband und zwei weißen gebogenen Hahnenfedern. Dazu kommt eine kurze weinrote Joppe, die vorne beiderseits schwarze Samtborten zeigt sowie einem grellroten Leibl, das mit einer Goldleiste eingefasst ist. Man trägt dazu ein weißes Hemd, eine schwarze Lederhose, die unter dem Knie gebunden ist und einen federkielbestickten Ledergurt. Früher trug man dazu hohe Schnürschuhe und weiße gemusterte Strümpfe, heute meist nur Halbschuhe.
Bis heute hat sich das Aussehen der Nationaltracht nur wenig verändert.
Um die Trachten zu schonen wurde in den 1950er-Jahren eine Extrauniform angeschafft, die mit braunem Rock und braunem Hut mit Flaumfeder der Uniform der Landesschützen gleicht. Sie wird von den Inzinger Schützen hauptsätzlich bei Versammlungen, Beerdigungen und am Landesfeiertag, dem 15. August, getragen.
Wann es in Inzing den ersten Schießstand gab, ist heute nicht mehr feststellbar.
Mitte des 19. Jahrhunderts erlebte das Schießwesen eine besondere Pflege und Blütezeit. 1857, anlässlich der Inthronisation von Vinzenz Gasser zum Fürstbischof von Brixen, wurde in Inzing ein „Bischofsschießen“ veranstaltet, für das Bischof Gasser eine silberne Gedenkmünze stiftete.
1865 wurde der von Josef Klotz erbaute Schießstand mit einem Freischießen eingeweiht.
In das Jahr 1885 fällt die Eröffnung eines eigenen Gemeindeschießstandes im Moos. Dieser diente nach dem Ersten Weltkrieg nur mehr herumziehenden Zigeunern und Karrnern als Unterkunft und wurde 1932 abgerissen.
Die Organisation und das Ausrichten von Schießbewerben wurde bis 1898 von der Schützengilde durchgeführt. Diese wurde bei der Neugründung der Schützenkompanie in diese eingegliedert und organisierte bis zu ihrer Stilllegung in der 1960er-Jahren verschiedene Schießbewerbe.
Als großer Förderer des Schießwesens sei Josef Markt („Larcher Pepi“) erwähnt, der neben der silbernen Inzinger Schützenkette auch die Schützenkette für das Schützenbataillon Hörtenberg stiftete. Seiner Initiative ist es auch zu verdanken, dass alljährlich beim Schnurschießen die beste Kompanie des Bataillon sowie der Schützenkönig für das folgende Jahr ermittelt wurde.
Mit der Errichtung des Schützenheimes im Gebäude der Mittelschule Inzing in den Jahren 1984 und 1985 ist auch der Schießstand dort untergebracht. 2015 wurde der Schießstand mit der Installierung einer elektronischen Messanlage modernisiert.
Mit Ernst Markt ist heute ein Inzinger als Viertelschießreferent des Schützenviertel Tirol Mitte sowie als Bataillonsschießwart des Bataillon Hörtenberg maßgeblich an der Entwicklung des Schießwesens im Bund der Tiroler Schützenkompanien verantwortlich.
Nachdem sich eine Gruppe junger Schützenkameraden mehrere Jahre dem intensiven Training in der Klasse „Stehend Frei“ gewidmet hat, war schnell der Wunsch geboren, an sportlichen Wettkämpfen teilnehmen zu dürfen.
Zu diesem Zweck wurde unter Federführung unseres Schießwartes Markt Ernst die Sektion Sportschießen als Unterorganisation der Schützenkompanie Inzing gegründet und nach einiger Kraftanstrengung im Jahr 2012 als Mitglied beim Tiroler Landesschützenbund aufgenommen.
Durch diese Mitgliedschaft ist uns fortan die Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen, wie den Bezirksrundenwettkämpfen oder Landeswettkämpfen, möglich.
In der Saison 2012/13 haben wir erstmalig mit einer Mannschaft (4 Sportschützen) in der Klasse „Stehend Frei“ bei den o.a. Bezirksrundenwettkämpfen (=10 Runden) teilgenommen und sind seit dort ohne Unterbrechung jedes Jahr vertreten, aktuell mit 2 Mannschaften in der Klasse „Sitzend Aufgelegt“.
Derzeit vereint die Sektion Sportschützen 21 Mitglieder.
Die Geschichte der Schützenkompanie Inzing ist längst nicht zu Ende, wie einer der letzten Meilensteine beweist: Nachdem mit Albert Maurer ein geeigneter Betreuer gefunden werden konnte, wurden 2014 erstmalig gezielt Jungschützen und Jungmarketenderinnen in die Kompanie aufgenommen.
Am 19. Juni 2014, dem Tag der Fronleichnamsprozession, rückten zwei Mädchen und zehn Burschen erstmalig in Nationaltracht mit der Kompanie aus. Inzwischen ist die Anzahl der Jungschützen und Jungmarketenderinnen auf rund 25 angewachsen und sind die ersten von ihnen bereits aktive Mitglieder bei den „Großen“.
Der Initiative der Jungschützen ist es auch zu verdanken, dass in der „Hoarlig-Kehre“ beim Almweg eine ca. fünf Meter hohe Herz-Jesu-Skulptur errichtet wurde, die am 24. Juni 2017 von Hw. Hrn. Pfarrer Andreas Tausch eingeweiht wurde. Die Skulptur, geschaffen vom Inzinger Kunsthandwerker Lukas Hurmann, symbolisiert das Herz Jesu mit Dornenkrone als Sinnbild tiefer Verbundenheit mit Land und Glauben. Bei der Herz-Jesu-Skulptur findet jährlich am Freitag vor dem Herz-Jesu-Sonntag eine Andacht statt.
Einen Beitrag zur Geschichte der Jungschützen aus Anlass des zehnjährigen Bestandsjubiläums im Jahr 2024 findest Du hier.